Fehlende Fachkräfte machen auch ungarischen Holzbauern zu schaffen. Höhere Produktivität kann ein Lösungsansatz sein. Das zeigt unser Praxisbeispiel einer Fertigungslinie für Holzrahmenelemente.
Die Baubranche in Ungarn erlebt seit 2015 einen enormen Aufschwung. Allein im Fertigbau stieg die Anzahl an Aufträgen laut Jozsef Karpati, dem Vorsitzenden des ungarischen Fertighausverbands, um rund 300 Prozent. Doch der Boom brachte auch Probleme mit sich. Durch die Finanzkrise entstand ein chronischer Facharbeitermangel, da während der Krisenjahre viele Arbeitskräfte ins europäische Ausland abgewandert waren. Gleiches gilt für Holzbauunternehmen, weshalb die Fertighausindustrie heute einen Teil des vorhandenen Auftragsbestands nicht abarbeiten kann. Etliche Unternehmen sind bereits jetzt bis Ende 2019 ausgelastet. Eine Rückkehr des Fachpersonals ist nicht absehbar, weil die Löhne in Ungarn zwar gestiegen sind, aber immer noch unter denen in Deutschland oder Österreich liegen. In Ungarn sucht man deswegen nach alternativen Lösungen. Da eine Automatisierung der Fertigung eine Erhöhung der Kapazität bei geringerem Personaleinsatz verspricht, erscheint sie unter den momentanen Rahmenbedingungen in Ungarn als sinnvolle Investition in die Zukunft. Allerdings steckt das Land hier noch in den Anfängen. Den Großteil der Häuser stellen laut Karpati kleine Zimmereien her: "In der Größenordnung darüber gibt es vielleicht zwölf oder 13 Firmen, die vorgefertigte Elemente bis 13 m Länge herstellen können. Sie arbeiten manuell, können also etwa ein Haus pro Woche fertigen und aufstellen. Über eine automatisierte Fertigungslinie verfügen nur zwei Holzbauunternehmen im Land. Das eine hat eine Kapazität von etwa 120, das andere von etwa 300 Häusern im Jahr."
Bei Letzterem handelt es sich um Berger Hazak in Polgar. Das Unternehmen, das bis 2016 noch Blockhäuser aus getrocknetem Schnittholz hergestellt hat, bekam im April 2017 im Zuge einer grundlegenden Umstrukturierung eine automatisierte Fertigungslinie für Wandelemente und zusätzliche Tische für die Deckenelement-Fertigung von der Firma WEINMANN. Seither baut man in Polgar Holzrahmenelemente für Einfamilienhäuser, die möglichst schlüsselfertig an die Kundschaft ausgeliefert werden. Startschwierigkeiten hatte das Unternehmen trotz der Implementierung der neuen Bauweise keine. Die Qualitätsstandards waren hier von Anfang an hoch. Das ist in Ungarn keine Ausnahme: Der Holzbau arbeitet mit hochwertigen, aus Deutschland oder Österreich importierten Materialien. Der Export der eigenen Produkte ins westliche Ausland war für einheimische Firmen ein Notanker in der Krise. Ein gutes Qualitätsmanagement versteht sich da von selbst, ebenso ein zeitgemäßer Energiestandard: U-Werte unter 0,20 sind in Ungarn die Regel, große Firmen liefern auch Außenwände mit 0,16 oder 0,12 W/(m²K). Auch Berger Hazak bietet den Kunden verschiedene Wandstärken an, beginnend mit der preisgünstigen 240-mm-Variante.
Holzbau gewinnt an Boden
Der Holzbau gewinnt in Ungarn stetig an Boden. Das liegt vor allem an den Preisen, die deutlich niedriger sind als die der im Land dominierenden Ziegelindustrie. Ein weiterer Grund ist die kurze Bauzeit, ergänzt durch den besseren Energiestandard, den vor allem Bauherren aus den jüngeren Generationen zu schätzen wissen. Generell legen Baufamilien in Ungarn Wert auf Qualität: "Viele geben gerne etwas mehr aus, wenn sie dafür die Sicherheit bekommen, dass ihr Haus in hoher Qualität gebaut wird", erläutert Beregszaszi Pal, der Direktor für Bauleitung in Polgar. Die höhere Präzision automatisierter Fertigungslinien war für ihn ein entscheidendes Argument, die Fertigung in seinem Unternehmen grundlegend zu modernisieren: "Die automatisierte Fertigung ermöglicht uns ein besseres Qualitätsmanagement, das sich nicht nur in reibungslosen Abläufen auf der Baustelle und in kürzeren Montagezeiten, sondern auch in einer qualitativen Verbesserung unserer Produkte niederschlägt. Das ist für uns deshalb essentiell, weil wir auf unsere Häuser 30 Jahre Garantie geben." Ein weiteres Anliegen des Unternehmens war die Erhöhung der Kapazität. 2018 hat Berger Hazak auf der neuen Anlage mit 45 Mitarbeitern 40 Einfamilienhäuser gebaut und damit seine Stückzahl aus dem Einführungsjahr 2017 bereits verdoppelt. Auch für die nächsten Jahre erwartet das Unternehmen eine weitere Expansion, da die Akzeptanz für den Holzbau in Ungarn steigt und man bereits neue Geschäftsfelder im öffentlichen und gewerblichen Bereich ins Auge fasst. Hinzu kommt der technische Vorsprung vor der Konkurrenz, der Berger Hazak nicht nur ein Alleinstellungsmerkmal bietet, sondern nach eigenen Angaben auch Kostenvorteile bringt. Produktion auf zwei Linien Momentan betreibt Berger Hazak die neue Fertigungslinie in einer angemieteten Halle, in der WEINMANN auf wenig Platz ein maßgeschneidertes Maschinenlayout und Funktionskonzept entwickelt hat. In fünf Jahren will man genügend Geld verdienen, um sich eigene Firmengebäude leisten zu können. Das Unternehmen produziert in Polgar auf zwei Linien, von denen die größere als klassische Wandlinie konzipiert ist. Sie besteht aus vier Tischen und einem Zwischentransport, wobei Tisch 1 gleichzeitig für das Auslegen des Riegelwerks und für die Beplankung genutzt wird. Alternativ ist die Bearbeitung von bis zu 120 mm starken CLT-Massivholzelementen möglich, falls das Unternehmen im Rahmen seiner Expansion in den mehrgeschossigen Holzbau einsteigen sollte.
Holzrahmenelemente gibt die Fertigungslinie nach Zuschnitt und Bearbeitung der Beplankung durch eine Multifunktionsbrücke WALLTEQ M-340 in einem Wendevorgang an Tisch 2 weiter. Dort installieren Mitarbeiter die Elektrik und bringen die Dämmung über eine Einblasplatte in die Elemente ein. Möglich sind Mineralfasern, Holzfasern und - derzeit von den Ungarn bevorzugt - Zellulose. Anschließend gelangt das Element über einen Längstransport auf Tisch 3, wo es beplankt und abschließend von der Multifunktionsbrücke bearbeitet wird. Auf Tisch 4 werden die Elemente schließlich aufgestellt und in ein Wandlager weiterverteilt. Dessen äußerste Spur auf der linken Seite ist für den Einbau von Fenstern und Türen vorgesehen. Berger Hasak liefert seine Elemente in hohem Vorfertigungsgrad zur Baustelle, lediglich die Sanitär-und Heizungsinstallation ergänzen Subunternehmer nach dem Aufbau. Die Raumknappheit in der angemieteten Halle macht sich vor allem im Wandlager bemerkbar: Da der Platz für einen zusätzlichen Verladewagen nicht ausreicht, müssen die Elemente über den fahrbaren Aufstelltisch ausgelagert und sortiert werden. Die zweite Fertigungslinie in Polgar besteht aus einem Tisch für Sonderelemente wie Giebel und Kniestöcke sowie einem Wendetisch, der für die Fertigung von Deckenelementen ausgestattet ist. Diese Fertigung erfolgt noch manuell, die benötigten Materialien legt ein Hallenkran bei den Tischen ab. Der Abbund für die Deckenelemente stammt von einer Abbundanlage des Typs BEAMTEQ B-660. In einem Hallenbereich neben den beiden Fertigungslinien produziert das Unternehmen Trusses, aus denen Berger Hazak momentan seine Dächer konstruiert. Da man in Polgar alternativ komplexe Dachstühle auf der BEAMTEQ B-660 abbinden und die Dachelemente über die bestehenden Fertigungslinien laufen lassen könnte, ist man in diesem Punkt hochflexibel und für alle künftigen Anforderungen gerüstet. Ein in sich schlüssiges, auf künftige Entwicklungen ausgelegtes Fertigungskonzept also, das aber nicht der Hauptgrund war, weshalb Beregszaszi Pal sich für den Maschinenhersteller Weinmann entschied: "Sie stellen einfach die besten Maschinen für die Holzhausfertigung her, weshalb ich andere Hersteller erst gar nicht kontaktiert habe. Das Ergebnis gibt mir mit dieser Entscheidung recht: Nach einer Einführungsphase, in der wir uns mit der neuen Technik schwertaten und erst mal das Fachpersonal ausbilden lassen mussten, läuft die Anlage heute weitgehend ohne Probleme. Sollten wir dennoch Hilfe brauchen, können wir jederzeit bei Weinmann anrufen, wo man uns schnell eine Lösung für unser Problem präsentiert. Eine hervorragende Beratung, die uns seit der Aufstellung der Maschinen ständig begleitet."
Ausbildung von Fachkräften
Inzwischen ist die erste Generation der Mitarbeiter im Umgang mit der neuen Technik versiert und kann nun zusätzliches Fachpersonal schulen - für das Unternehmen ein wichtiger erster Schritt, da es in Ungarn keine Fachkräfte mit entsprechend fundierter Ausbildung gibt. In Polgar will man die vorhandenen HolzbauKapazitäten nun weiter ausschöpfen. Dabei hat Beregszaszi Pal nicht nur die wachsende Nachfrage in Ungarn, sondern auch einen Export ins benachbarte EU-Ausland im Visier: "Qualitativ befinden wir uns mit den Firmen dort auf Augenhöhe, sodass wir in diesen Märkten eine reelle Chance zur Expansion sehen." Im eigenen Land rechnet Jozsef Karpati auch in Zukunft mit einem gleichbleibend starken Wachstum: "Zwar könnte die Baukonjunktur wieder an Fahrt verlieren, wenn 2020 die Ermäßigung der Mehrwertsteuer und die Förderung für große Familien auslaufen. Für den Holzbau bin ich allerdings optimistisch. Obwohl vom Staat nicht explizit gefördert, dürfte er seinen Marktanteil erhöhen, weil 2020 der Nullenergiestandard für Neubauten vorgeschrieben wird. Und eine hohe Energieeffizienz lässt sich nun mal am besten mit Holzgebäuden erreichen."
BAUENTWICKLUNG IN UNGARN
2007:
- Bau von 44 000 Wohneinheiten, darunter ca. 17 500 Einfamilienhäuser (2200 davon aus Holz)
- Holzbauanteil im Bereich EFH: knapp 12,5 Prozent
2015:
- Bau von 6400 Wohneinheiten, darunter ca. 3600 Einfamilienhäuser (350 davon aus Holz)
- Holzbauanteil im Bereich EFH: knapp 9,7 Prozent
2017:
- Bau von 14 500 Wohneinheiten, darunter ca. 7200 Einfamilienhäuser (900 davon aus Holz)
- Holzbauanteil im Bereich EFH: knapp 12,5 Prozent
„WEINMANN stellt einfach die besten Maschinen für die Holzhausfertigung her, weshalb ich andere Hersteller erst gar nicht kontaktiert habe.“Beregszaszi Pal, Direktor für Bauleitung in Polgar