2022 wurden in Deutschland einige Weichen für den Holzbau neu gestellt. Der Wegfall der KfW-Förderung führte zu einem Einbruch im Einfamilienhausbau, gestiegene Zinsen, Energie- und Materialkosten verstärkten zusammen mit der allgemeinen politischen Unsicherheit die negative Entwicklung. Inzwischen hat sich der Markt wieder leicht erholt, doch stehen die Zeichen im Einfamilienhaus-Sektor fürs Erste auf Rückgang. Viele Holzbaubetriebe sehen sich deshalb nach neuen Geschäftsfeldern wie dem Wohnungsbau um, ohne komplett aus dem Einfamilienhausbau auszusteigen.
Seit den 2000ern Jahren im Wohnbau
Die Haas Fertigbau GmbH im bayerischen Falkenberg ist bereits in den 2000er Jahren in den Wohnungsbau eingestiegen, war beim Einbruch des Einfamilienhaus-Marktes im letzten Jahr also bereits in der komfortablen Situation, über alternative Geschäftsfelder zu verfügen. Zwar macht der Ein- und Zweifamilienhausbau mit 60 Prozent den Löwenanteil des Jahresumsatzes der Haas-Guppe aus, der 2022 bei 250 Mio. Euro lag. Die übrigen 40 Prozent erwirtschaftet das Unternehmen aber im Objektbau, der sich in die Bereiche Industrie- und Gewerbebau, Wohnbau und den Bau landwirtschaftlicher Gebäude aufteilt. Von allen Geschäftsfeldern verzeichnet der Wohnungsbau derzeit die stärksten Zuwächse. Bei den Wohngebäuden baut man laut Geschäftsführer Xaver A. Haas „das, was wir können und was Sinn macht“. Will heißen: Wohngebäude mit bis zu vier Geschossen, schlüsselfertig, energieeffizient und nachhaltig. Dabei unterteilt sich der Wohnungsbau in zwei Bereiche, bei denen vor allem die Vertriebswege unterschiedlich sind. Unter der Rubrik „WOB klein“ bearbeitet man kleinere Wohngebäude mit bis zu 15 WE für private Investoren, die über gezielte Werbung und teilweise auch über den Einfamilienhaus-Bereich auf das Unternehmen aufmerksam geworden sind. „WOB groß“ baut Wohnanlagen von 15 bis 40 WE. Der Kundenkontakt läuft hier über Fachmedien, Architekten und Projektplaner.
Wohnungsbau federt Krise bei Einfamilienhäusern ab
Beide Bereiche sind im Aufwind und halfen 2022, den Einbruch bei den Einfamilienhäusern – er lag auch für Haas bei immerhin 30 Prozent – teilweise zu kompensieren. Wobei das Holzfertighausunternehmen auch aus anderen Gründen von dieser Entwicklung nicht so hart getroffen wurde wie mancher Wettbewerber. So baut man zum Beispiel nur die Hälfte der insgesamt 700 Fertighäuser in Deutschland, der Rest wird im österreichischen Großwilfersdorf produziert und teilweise in Österreich, teilweise über ein Vertriebsbüro in Prag nach Tschechien verkauft. In beiden Ländern war der Rückgang im Einfamilienhausbau deutlich moderater als hierzulande. Dennoch muss man auch in Falkenberg dafür sorgen, dass der Auftragseingang nicht abreißt. Dabei hilft dem Unternehmen, dessen Zielgruppen an Themen wie Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Ökologie und Smart Home interessiert sind, das hohe Qualitätsniveau seiner Produkte. Vor diesem Hintergrund ist auch die QNG-Zertifizierung kein Problem, so dass man Bauinteressenten eine staatliche Förderung über Zinsnachlässe anbieten kann, die angesichts der aktuellen Zinssätze durchaus attraktiv ist. Dies hilft auch im Wohnungsbau, den man nicht vernachlässigte, als die Konjunktur bei den Einfamilienhäusern ihren Höhepunkt erreichte. „Wir hätten uns in den letzten Jahren durchaus profitabel auf den Einfamilienhausbau konzentrieren können, weil der Aufwand und der Kostendruck hier gering und die Margen sehr hoch waren“, erläutert Xaver A. Haas. Dennoch blieb man auch in diesem Zeitraum breit aufgestellt.
Flexibilität statt höchster Effizienz
Dies wird besonders im Bereich der Fertigung deutlich, in die das Unternehmen unter dem Eindruck der steigenden Nachfrage in drei Schritten investierte: 2018 wurde am Standort Falkenberg die Wandelement-Fertigung automatisiert, im Sommer 2022 folgte eine ähnliche Fertigungslinie in Großwilfersdorf, im Herbst 2022 ein Hallenumbau und damit eine Dach- und Deckenelement-Linie in Falkenberg. Ganz oben im Pflichtenheft für die Firma WEINMANN, die alle drei Fertigungsanlagen konzipiert und geliefert hat, stand die Forderung nach Flexibilität, die auch mögliche Optionen auf künftige Arbeitsgänge einschloss. In jedem Fall sollte die Fertigungsanlage nach dem Wunsch der Geschäftsleitung alle Bereiche im Unternehmen abbilden – inklusive aller Disziplinen im Haus und Objektbau inklusive der landwirtschaftlichen Gebäude. „Wir haben uns die Fertigungsanlagen mehrerer Wettbewerber angesehen“, erinnert sich Xaver A. Haas: „Dabei zeigte sich ganz klar, dass für die Fertighausproduktion optimierte Linien auf absolute Effizienz getrimmt, sind. Sie können aber nur Einfamilienhäuser in hohem Standardisierungsgrad.“ Kommt man auf einer solchen Anlage mit hochstandardisierten Elementen auf Taktzeiten von bis 7 Minuten pro Element, ist man bei Haas mit 30 Minuten deutlich langsamer. Bei den derzeitigen Verschiebungen am Markt bedeutet dieses Weniger an Effizienz aber dank der höheren Flexibilität einen großen Gewinn an Zukunftssicherheit. Die Flexibilität der Haas-Fertigung zeigt sich zunächst bei den Elementhöhen: War man in Falkenberg vor der Automatisierung bei manueller Fertigung auf eine Elementhöhe bis 3,11 m festgelegt, kann man heute 1,50 bis 3,50 m hohe Elemente produzieren. „Die hohen Wände sind im Wohn- und Objektbau heute praktisch Standard, weil man immer mehr Gebäudetechnik im Boden und in abgehängten Decken unterbringen muss“, erläutert Xaver A. Haas. Auch in punkto Großzügigkeit und elegante Raumwirkung sind hohe Wände gefragt – nicht nur im Objekt-, sondern auch im modernen Einfamilienhausbau. Auch die Höhe der 1,20 bis 12,00 m langen Elemente ist mit bis zu 50 cm außergewöhnlich. Gleiches gilt für das Maximalgewicht von 3,5 t – ein absolutes Novum, zumal wenn man wie Xaver A. Haas diese Elemente mit Gipskartonplatten beplanken und anschließend ohne Beschädigung durch die Linie fahren will: „Das war natürlich eine Herausforderung, das hatte noch keiner gemacht, weshalb wir diese Details der Linie noch eine ganze Weile nachoptimiert haben. WEINMANN war bei der Entwicklung sehr engagiert und hat am Ende immer Lösungen für unsere Anforderungen gefunden, die gut waren und passten.“ Am Ende stand ein Gewinn für beide Partner. WEINMANN nahm mit dem Pilotprojekt eine Entwicklung im Holzbau vorweg, die heute längst Realität ist. Haas Fertigbau bekam eine Fertigungslinie, die alles kann, was das Unternehmen braucht: Außen und Innenwände für den Haus- und Wohnungsbau, Wände für Gewerbegebäude, gewerbliche und landwirtschaftliche Hallen, Fassadensysteme und Sonderbauteile wie Giebel und Kniestockwände. Alles, was industriell darstellbar ist, läuft über die automatisierte Fertigungslinie, die wenigen Ausnahmen über eine Manufaktur neben dem Wandlager.
Aufwändige Arbeitsgänge werden ausgelagert
Der großen Vielseitigkeit – und der hohen Stückzahl – entspricht ein hoher Maschineneinsatz: In Deutschland besteht die Fertigungslinie für Wandelemente aus drei Tischreihen: In der ersten folgt auf eine WEINMANN FRAMETEQ F-700 Riegelwerkstation eine WALLTEQ M-380 Multifunktionsbrücke mit zwei Tischen plus Geber für den Wendevorgang, in der zweiten befinden sich außer dem Nehmer drei weitere Tische und eine zweite WALLTEQ M-380. In beiden Reihen sind Puffer für aufwändige Arbeiten vorhanden. Platten werden per Heber aufgelegt, das Einbringen der Dämmung erfolgt manuell, um in diesem Bereich eine Vielzahl von Kundenwünschen erfüllen zu können. Mit den beiden Multifunktionsbrücken lässt sich in Spitzenzeiten, also zum Beispiel bei der Fertigung eines größeren Wohngebäudes, der Durchsatz problemlos erhöhen, Bottlenecks werden vermieden. Dem gleichen Zweck dient die dritte Tischreihe, auf die Arbeitsgänge wie die Montage der Außendämmung ausgegliedert werden. Auch hier arbeitet man manuell, was mit einer großen Variabilität bei den Fassadensystemen einhergeht. Fertige Elemente landen auf einer LKW-Hebebühne mit Aufstelltisch, die sie vier Meter nach unten in einen tieferen Hallenteil transportieren und in zwei Wandlager mit 3000 m2 Kapazität einlagern. Ein über eine Aussichtsplattform für die Kundschaft inszenierter „Showeffekt“, der einem Höhenversatz wegen der Hanglage der Halle geschuldet ist. Auch bei den Rungenlagern lag der Schwerpunkt des Unternehmens auf Flexibilität: Insgesamt drei Verteilwagen ermöglichen ein flexibles Ein-, Um- und Auslagern, so dass ein großes Gebäude, bei dessen Abwicklung es zu Verzögerungen kommt, nicht zum Bottleneck für andere Projekte wird. Im Lager erfolgt auch das Finishing mit Putzauftrag und Fenstereinbau. In Österreich hat man sich aus Platzgründen auf eine etwas kleinere Lösung mit einem „Ausfädeltisch“ für die schnelleren Innenwände beschränkt, bei der Dach- und Deckenelement-Fertigung in Falkenberg konnte man nach einem Hallenumbau dagegen aus dem Vollen schöpfen. Die hier eingesetzte WALLTEQ M-380 fährt über drei Tische, ist mit einem Aggregat zum Verlegen und Befestigen von Dachlatten ausgestattet und kann bei Bedarf auch Schalungen verlegen. Auch hier gibt es eine parallele Tischreihe als Puffer für komplexe Arbeitsgänge, etwa für die Dämmung und später womöglich für den Einbau der Installation – im Moment noch kein Thema, aber „man weiß ja nie, wohin die Reise einmal geht“. Die Elementbreite reicht bis 2,50 m, die Standardlänge liegt bei 14 m und kann durch Böcke auf 18 m erhöht werden. „14 m ermöglichen mir zwei Elemente pro Tisch und damit eine Takterhöhung“, erläutert Xaver A. Haas. „Außerdem kann der Mitarbeiter am Tisch bei dieser Länge zwei gegenüberliegende, gespiegelte Dachseiten gleichzeitig fertigen, was für ihn den Ablauf vereinfacht. 18 m brauchen wir, wenn wir im Objektbau mit einem Dreifeldsystem arbeiten.“
Ausblick
Abschließend bliebe noch zu bemerken, dass man bei Haas alle Fertigungsabläufe digital simuliert und optimiert, bevor sie über den realen Maschinenzwilling laufen. Und dass man durch den Einsatz von Autodesk Revit, Laserscanner und Tachymeter im Objektbau bei der Digitalisierung aller Prozesse schon einen Schritt weiter ist als das Gros vergleichbarer Projekte in Deutschland. Für die Fertigungsanlage fasst man derzeit die Erweiterung durch einen automatisierten Putzauftrag ins Auge, außerdem denkt man über ein Plattenbearbeitungszentrum nach. Es soll einen Bottleneck entschärfen, der bei bestimmten Bearbeitungskonstellationen entstehen kann. An die Anschaffung eines Roboters denkt man nicht: „zu sehr auf Taktzeiten optimiert und damit zu starr, zu unflexibel.“ Für die künftige Unternehmensentwicklung sieht Xaver A. Haas eine veränderte Gewichtung der Geschäftsfelder: „Es wird mehr in Richtung Wohnbau gehen. In den Einfamilienhausbau werden wir weniger Aktivität investieren, dann werden sich die Mengen neu einpendeln. Langfristig geht der Trend weiter in Richtung Wohnungsbau.“ Die Politik des Unternehmens, sich bei vielen Standbeinen alle Optionen offen zu halten, hat sich also ausgezahlt.
„WEINMANN war bei der Entwicklung sehr engagiert und hat am Ende immer Lösungen für unsere Anforderungen gefunden, die gut waren und passten.“Xaver A. Haas
Haas Fertighaus GmbH
Das Unternehmen Haas Fertighaus wurde im Jahr 1972 von Fritz Haas gegründet, der sich zum Ziel setzte, Fertighäuser in höchster Qualität zu bauen. Heute ist Haas Fertighaus einer der führenden Anbieter von individuell geplanten und gebauten Fertighäusern in Deutschland und Europa. Dabei legt das Unternehmen großen Wert auf Nachhaltigkeit und setzt auf umweltfreundliche Baustoffe und einen ressourcenschonenden Bauprozess. Neben klassischen Einfamilienhäusern bietet Haas Fertighaus auch Mehrfamilienhäuser und Objektbau-Lösungen an. Mit seinem breiten Leistungsspektrum und seiner hohen Qualität hat sich Haas Fertighaus als zuverlässiger Partner im Bereich des individuellen Hausbaus etabliert.
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