Nach einer Durstrecke in den letzten beiden Dekaden boomt in der Tschechischen Republik angesichts einer guten Konjunkturlage der Bau von Wohnungen, Büros und Gewerbegebäuden. Im ersten Halbjahr 2018 stieg der Wert der Bauleistung zum Beispiel um 12 Prozent. Allerdings droht der Branche eine Überhitzung, was in der Folge bereits zu einer flacheren Anstiegskurve führte: Die Kapazitäten vieler Bauunternehmen sind so ausgelastet, dass Firmen Aufträge verschieben oder sogar ablehnen mussten – umso mehr, als neues Fachpersonal kaum noch zu bekommen ist. Besonders hoch ist der Bedarf an Privatwohnungen, da der Staat ein Sonderprogramm mit günstigen Krediten an junge Familien gestartet hat, um die Wohnungsnot zu entschärfen. Obwohl die Kaufpreise in diesem Sektor schneller steigen als die Löhne, übertrifft die Nachfrage das Angebot. Vom Boom im Bausektor profitiert auch der Holzbau, der seinen Marktanteil wie in anderen Ländern Europas stetig vergrößert. Dabei gehen die Impulse vor allem von den privaten Bauherren aus: Besonders stark sind Holzbaufirmen im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser vertreten, wo es in den letzten Jahren eine Steigerung des Marktanteils von 4 auf 17 Prozent gab. Für öffentliche Auftraggeber rückt der Baustoff Holz erst allmählich in den Fokus, weshalb der Markanteil von Holz auch bei Wohngebäuden, Schulen, Verwaltungsgebäuden etc. langsam zu steigen beginnt. Bisher werden in diesem Sektor nur vereinzelt Projekte in Holz ausgeführt. Eine Verzögerung, die damit zusammenhängen könnte, dass der Holzbau nicht wie in anderen europäischen Ländern gezielt vom Staat gefördert wird. Fördergelder gibt es in Tschechien unabhängig von der Bauweise für Niedrigenergie- und Passivhäuser.
Unter den ersten drei
Von den rund 600 Firmen, die in der Tschechischen Republik im Holzbau aktiv sind, hat das Gros eine Kapazität bis etwa 5 Häuser im Jahr. Gut 20 Hersteller produzieren größere Stückzahlen, teilweise bis zu 200 Häuser im Jahr. Zu diesen Marktführern gehört auch die NEMA spoL s r.o. aus Olešnice. Ihr Firmensitz liegt in Südböhmen, das in Tschechien zu den Regionen mit besonders intensiver Bautätigkeit gehört. Mit zwei Tochterunternehmen und insgesamt 100 Mitarbeitern baut die NEMA spoL s r.o. jährlich rund 100 Holzhäuser in Holzrahmen- oder Blockbauweise. Die Häuser gehen überwiegend in den einheimischen Markt, etwa ein Viertel wird ins Nachbarland Österreich exportiert. Für die Zukunft ist zusätzlich der Einstieg in BSP-Konstruktionen und damit in den Bau größerer Gebäude geplant. Neben den Holzhäusern fertigt und montiert das Unternehmen ca. 700 Dächer jährlich. Die Gruppe verarbeitet jährlich rund 14500 m3 Holz, der Jahresumsatz liegt umgerechnet bei rund 13 Mio. Euro, wovon rund 7,4 Mio. Euro in der Muttergesellschaft erwirtschaftet werden. Damit liegt NEMA im Ranking der tschechischen Holzbauunternehmen unter den ersten drei. In den letzten Jahren ist man in Olešnice zügig gewachsen, zum Zeitpunkt des EU-Beitritts 2004 lag die Mitarbeiterzahl noch bei 15. Dies, obwohl im tschechischen Holzbau qualifiziertes Personal schwer zu bekommen ist. Neue Mitarbeiter müssen in der Regel umgeschult werden, was kompliziert und langwierig ist.
Individuell & flexibel
Da Geschäftsführer Tomáš Nemrava auch für die kommenden Jahre mit steigenden Auftragszahlen rechnet, hat er 2020 in eine Dreitischlösung von WEINMANN Holzbausystemtechnik investiert. Die neue Fertigungsanlage umfasst eine klassische Anlage mit Wendetisch und einer Multifunktionsbrücke WALLTEQ M-380, der ein dritter Tisch als Einlegetisch vorgelagert ist. Diese Konstellation ist eine von mehreren Anpassungen der Anlage an die spezifischen Bedürfnisse des Kunden: Da auf dem Wendetisch auch die Installationsebene mit Leerrohren und anschließender Innenbeplankung montiert wird, erlaubt der vorgelagerte Einlegetisch die Entzerrung des Workflows, so dass der Workflow optimiert und die Kapazität der Anlage erhöht wird. Auf Wunsch des Kunden wurde die WALLTEQ M-380 zusätzlich mit einem Flex 25-Sägeaggregat ausgestattet, das ihm die Bearbeitung von Massivholzelementen ermöglicht. Zur Flexibilität der Anlage trägt außerdem bei, dass man auf ihr nicht nur Wand-, sondern auch Dach- und Deckenelemente bearbeiten kann. Auch die Multifunktionsbrücke wurde individuell konfiguriert: Zu ihrer Ausstattung gehören eine Spindel mit Werkzeugwechsler und ein zweiter Aggregatträger mit weiteren drei Aufnahmen für Zusatzaggregate. Alle Elemente für diesen individuellen Zuschnitt der Anlage stammen aus dem modularen Standardbaukasten von WEINMANN. Gleiches gilt für die individuelle Anpassung des Aufstell- und Verteilwagens, der die fertigen Elemente zum Wandlager transportiert. Diese Anpassung ermöglichte es dem Unternehmen, sein bestehendes Wandlager weiterhin zu nutzen. Zur Optimierung der Verladetätigkeit hat NEMA einen Verteilwagen hinter dem Wandlager bestellt, eine automatische Einblasbrücke könnte dank dem modularen Aufbau der Anlage ebenfalls bei Bedarf nachgerüstet werden. Derzeit dämmt man in Olešnice manuell mit einer eingelegten Mineralfaserdämmung.
Qualität und Kapazität
Einer der Gründe für die Investition war, passend zur schwierigen Situation auf dem tschechischen Arbeitsmarkt, die Bedienerfreundlichkeit der automatisierten Fertigungstechnik: „Was die handwerkliche Qualifikation anbelangt, stellt die Anlage an unsere Mitarbeiter keine allzu hohen Anforderungen. Deshalb können wir jetzt Quereinsteiger in der Fertigung einsetzen, die wir im Umgang mit der neuen Technik schulen.“ Angesichts steigender Auftragszahlen war für Tomáš Nemrava natürlich auch die mit der Automatisierung erzielte Kapazitätssteigerung ein wichtiger Investitionsgrund. Dies umso mehr, als man bei NEMA den öffentlichen Sektor als neues Geschäftsfeld erschließen will, was kürzere Fertigungszeiten zur Bewältigung von Auftragsspitzen bei Großprojekten erfordert. Hier waren vor der Umstrukturierung bereits alle Potentiale der manuellen Fertigung ausgereizt. Positiv wirkt sich in diesem Zusammenhang außerdem aus, dass der Workflow in der Fertigung heute nicht nur schneller, sondern auch präziser planbar ist. Darüber hinaus war für Tomáš Nemrava die gleichbleibend hohe Präzision einer automatisierten Fertigung bei seinen Investitionsüberlegungen ein wichtiges Thema: „Ein Großteil unserer Kunden kommt über Mundpropaganda, und bei einem solchen Empfehlungsmarketing ist Qualität immer ein zentrales Thema. Viele Kunden sind bereit, dafür auch einen etwas höheren Preis zu zahlen.“ Weshalb man in Olešnice die neue Technik konsequenterweise als Marketinginstrument einsetzt: „Wenn potentielle Kunden bei einer Werksführung unsere moderne Fertigungsanlage besichtigen können, gibt ihnen das bezüglich der Qualität ihres Hauses noch mehr Sicherheit.“
Kurze Anlaufphase
„Sicherheit“ war auch ein zentrales Kriterium für die Wahl des geeigneten Maschinenherstellers: „WEINMANN ist ein bekanntes Unternehmen auf dem Markt, das international ein gutes Renommee genießt“, erläutert Tomáš Nemrava. Wichtig war für den Geschäftsführer eine kompetente Unterstützung bei der Planung seiner Fertigungsanlage: „Eine neue Halle hatten wir schon gebaut, jetzt galt es, die neue Technik optimal darin zu platzieren. Das verlief ganz nach unseren Vorstellungen.“ Gleiches galt für die Anlaufphase – in Olešnice brauchte man etwa einen Monat, um kleine Anfangsprobleme zu beheben. Was die firmeneigene AV-Software (SEMA) anbelangt, hatte man bereits mit einem Vorlauf von etwa einem halben Jahr Mitarbeiter auf Schulungen geschickt und maschinentaugliche Details erstellt. Da die Mitarbeiter an der Maschine ebenfalls im Vorfeld eine Schulung bei WEINMANN durchlaufen hatten, verlief die Einführungsphase der neuen Technik weitgehend reibungslos und ohne Produktionsausfälle.
Neue Invests geplant
Tomáš Nemrava sieht die Investition in die 3-Tischanlage dementsprechend als richtige Entscheidung, die er jederzeit wieder so treffen würde. Weitere Investitionsschritte hat er bereits ins Auge gefasst. Dies um so mehr, als sich seine Erwartungen in die Modernisierung voll erfüllt haben: „Durch die Automatisierung ist es uns gelungen, die Bauteilqualität zu erhöhen und damit unsere Position am Markt zu verbessern. Da Personal immer teurer wird und Nacharbeiten auf der Baustelle entfallen, hat sich außerdem unsere Kostenstruktur verbessert. Wir produzieren heute günstiger und belassen die so erwirtschafteten Gewinne im Unternehmen, was uns angesichts der Coronarisiken mehr Sicherheit gibt. Außerdem haben wir jetzt das Potential, neue Geschäftsfelder zu erschließen, und sind deutlich flexibler auf dem Arbeitsmarkt.“ Die Zukunft seines Unternehmens sieht Tomáš Nemrava entsprechend positiv: „Wir gehen heute davon aus, dass sich der Holzbau in Tschechien weiterhin gut entwickelt. Mit der neuen Technik sind wir für diese Entwicklung bestens aufgestellt. Unser Ziel ist es, in Bezug auf Qualität und Stückzahl unsere Marktposition in der Gruppe der drei Marktführer zu halten. Außerdem wollen wir uns künftig noch stärker für die Verbreitung des Holzbaus als nachhaltige Bauweise einsetzen. Als Firma geben wir schon heute der Natur zurück, was wir ihr entnehmen: Für jeden m3 verarbeitetes Holz setzen wir einen Baum.“
Autor: Dr. Joachim Mohr
Fotos: NEMA spoL s r.o.
„Durch die Automatisierung ist es uns gelungen, die Bauteilqualität zu erhöhen und damit die Position am Markt zu verbessern. Außerdem haben wir jetzt das Potential, neue Geschäftsfelder zu erschließen.“Tomáš Nemrava, Geschäftsführer Nema, spol. s r.o.
Nema, spol. s r.o.
Das Familienunternehmen Nema, spol. s ro aus Olešnice, Tschechische Republik setzt nun seit mehr als 25 Jahren auf Werte wie Fairness, Ehrlichkeit, Leidenschaft und Qualität. Alles in dem Bestreben, den Kunden immer etwas Besonderes zu liefern.
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