London Suit
London, New York, Wien lauten die honorigen Adressen. Damit die teuren Möbel dort sicher ankommen, werden sie individuell und sicher verpackt. Mit einer Kartonschneidemaschine von HOMAG, die auch den Footprint der Maßanzüge beachtet.
London, New York, Wien sind Weltstädte mit je eigenem Flair. Bernd und Hannes Radaschitz kennen alle drei sehr gut. Wien als Österreicher ohnehin, aber auch London, wo Hannes Radaschitz zwei Jahre lebte und arbeitete, und New York, wo sein Bruder wiederholt Projekte betreut. Was Hannes Radaschitz als ambitionierten Tischler in der englischen Hauptstadt und in Big Apple auffiel, war, „dass es dort kaum gutes Handwerk und noch weniger gute Tischler gibt.“ Dabei seien sie gefragt. Denn „Immobilienbesitzer in Amerika oder UK denken etwas anders als in Deutschland oder Österreich: Sie wollen investieren, insbesondere, wenn sie vermögend sind. Und das nicht nur für sich selbst, sondern auch in ihre Immobilie, um sie aufzuwerten.“ Diese Erfahrung vor Augen, wollten er und sein Bruder, der bis heute in London arbeitet, dort etwas aufbauen. „Zumal es ein großer, interessanter Markt ist, der vor der Haustür liegt.“ Später kam dann auch New York hinzu, wo sie – bei gleicher Ausgangslage – immer wieder Projekte in einem nachfragestarken Markt übernehmen.
Je komplizierter, desto besser
Die hochwertigen Möbel, die in Riegersburg gefertigt werden, gehen zum Großteil also in den Export. Die Tischlerei hat daher auch einen eigenen Vertrieb aufgebaut. 1923 war das Unternehmen gegründet worden, in den 1980er Jahren spezialisierte es sich dann ausschließlich auf den Bau von Möbeln, von denen heute die gesamte Palette gefertigt wird. Die Niederlassung in London gibt es seit 2009, in New York seit September letzten Jahres. „Für beide Metropolen dürfen wir besondere Sachen verwirklichen, die sonst am Markt nicht gefragt sind“, erzählt Radaschitz, der mit seinem Bruder das bald hundertjährige Unternehmen in vierter Generation leitet. „In diesem exklusiven Privatbereich fertigen wir von der Küche über das Wohn- und Badezimmer bis hin zum Studio und der Bibliothek alles. Wir sind Komplettanbieter: immer hochwertig, komplex und individuell.“
Besonderes beim Besonderen
Komplexität heißt für den Inhaber vor allem auch, dass ein großer Materialmix aus Holz, Metall, Glas, aber auch Stoff und Leder beherrscht werden muss. So betreibt das Haus unter anderem eine eigene Messingschlosserei. „Wir haben die Expertise, all diese Materialien miteinander zu verheiraten. Denn unsere Kunden fragen genau das hochwertig an.“ Dabei gibt es in den Märkten durchaus Besonderheiten. In UK etwa die MDF, die als Trägermaterial vorrangig gewünscht ist. Hinzu kommt das weitreichende Furnieren, wo Eiche nach wie vor im Trend liegt, aber auch exotische Hölzer gefragt sind. „Eine große Nachfrage verzeichnen wir zudem bei chemisch vorgefärbten Furnieren“, berichtet Radaschitz. Bei all dem ziehe sich die Qualität bis ins Möbelinnere, das gleich hochwertig ausgeführt, lackiert oder furniert werde. Ein Qualitätsniveau, das mit Wien auch im heimischen Markt umgesetzt wird. „Wir sind bald 100 Jahre fest in Österreich verwurzelt. In Großbritannien oder Amerika zu fertigen, war daher nie eine Option“, stellt Radaschitz fest. „Zumal unsere Asse die Mitarbeiter mit einer sehr guten Ausbildung sind.“ Einer dualen Ausbildung zum Beispiel, die es so in UK und Amerika nicht gäbe. „Diese Qualifikation sieht und spürt man an den Produkten.“
London is calling
Die Hauptkunden der Tischlerei sind Innenarchitekten, die zum Beispiel aus London ein Produkt anfragen. Nachdem das Projekt dort vorbereitet wurde, erfolgt in Riegersburg eine Basiskalkulation, sodass ein Angebot zurück in den Markt gegeben werden kann. „Wir haben in London ein Projektleiter- sowie ein CAD-Team nahe am Kunden. Von ihnen wird das Projekt bis hin zur Material- und Planfreigabe technisch ausgearbeitet“, berichtet Radaschitz. Wieder in Riegersburg, gehen die Möbel in Produktion, „um nach der Fertigstellung verpackt und – nochmals durch Holzkisten geschützt – per Lkw nach London verschickt zu werden. Hier kommen sie in ein Zwischenlager, bevor sie schließlich das Montageteam beim Kunden aufbaut.“
Eine Besonderheit in der Endfertigung von Radaschitz ist, dass jedes Möbel einmal komplett zusammengebaut wird. Passt alles, werden sie – mit Ausnahme kleiner Korpusse – wieder zerlegt und verpackt. „Weil sämtliche Teile und kleine Korpusse verpackt werden, haben wir eine große Varianz“, unterstreicht der Inhaber.
Von der Konfektion zum Maßanzug
Bis vor Kurzem wurden die Möbel in Riegersburg noch per Hand verpackt, wobei Folien und Vlies sowie Karton als Kantenschutz eingesetzt wurden. „Wir wollten jedoch eine Verpackung, die zu 100 Prozent recycelbar ist. Für unsere Kunden und für uns selbst.“ Per Hand wäre das schwierig, wenn nicht gar unmöglich gewesen. „Um Schadstellen zu vermeiden, hätten wir immer Vlies benötigt. Sonst kommt Luft zwischen Bauteil und Karton, und es käme zum Rutschen“, begründet Radaschitz. Anders ist es mit einer Kartonschneidemaschine, die die Verpackung exakt auf das jeweilige Bauteil oder den Korpus zuschneidet. „Weil so nichts mehr rutscht, können wir nicht nur auf Vlies verzichten, es sieht auch sauberer aus. Außerdem ist eine Verpackung, die vollständig recycelbar ist, ein zusätzliches Kaufargument.“ Gründe genug für das maschinengestützte Verpacken, doch für Radaschitz kam die Motivation allein schon aus dem Export: „Jemand, der nur regional liefert, braucht eine solche Maschine nicht unbedingt. Ein Individualfertiger mit nachhaltiger Exportquote jedoch kommt nicht drumherum.“
Standard fürs Exquisite
Drumherum kamen die Riegersburger dann bei der Auswahl einer passenden Kartonschneidemaschine auch nicht um eine PAQTEQ C-250 von HOMAG, die schon in der Standardausführung die Anforderungen der Tischlerei erfüllen konnte. „Mit einer Rollmesserbestückung von acht Stück haben wir die größte Ausstattung – und erzielen so die höchste Flexibilität.“ Die Beschickung mit Karton erfolgt endlos über ein 1-fach-Wechselsystem, das sich mit unterschiedlichen Formaten bestücken lässt. „Derzeit nutzen wir Breiten von 0,9, 1,40, 1,50 m, künftig wird sich wohl eine dieser Breiten als Hauptreferenz etablieren.“ Während die PAQTEQ einschließlich der Steuerung also ein Standardmodell ist, sollte für die Datenbereitstellung ein von Radaschitz bereits genutztes System herangezogen werden. Von Anfang an sollten sich die zahlreich vorhandenen Prozess- und Bauteilinformationen auf die Maschine transferieren und hier nutzen lassen. Um dies sicherzustellen, hat HOMAG die ERP-Software der Tischlerei mit der Standardausgabe verknüpft. „Grundgedanke war stets: Ich brauche Maßanzüge sowohl für Einzelteile als auch ganze Möbel. Das wurde schließlich sehr gut umgesetzt“, sagt der Inhaber. Heute sind die Prozesse derart vernetzt, dass sich das Verpacken schon aus der AV heraus steuern lässt. Der Barcode, der zu Beginn des Fertigungsprozesses vergeben wird, definiert dabei die jeweilige Vorzugsverpackung. An der PAQTEQ wird dann der Datensatz per Barcodescanner aus dem System aufgerufen. Neben Länge, Breite und Höhe der bauteil- oder korpusspezifischen Verpackung sind unter anderem referierende Kartontypen hinterlegt. „Für solche Vorzugskartons wollten wir die ohnehin vorhandenen Daten nutzen“, betont Radaschitz nochmals. „Das funktioniert heute bei Einzelteilen genauso wie bei Korpussen.“ Von diesem Stand ausgehend, sind für ihn noch weitere Optimierungen denkbar, „bei denen uns nach dem Scannen Daten bis hin zum Versand geliefert werden.“
Die bleibt, wo sie ist
Die Kartonschneidemaschine PAQTEQ C-250 läuft seit Anfang des Jahres mit scharfen Kartons. Vorausgegangen waren Schulungen durch HOMAG und die Einführung in die Bedienung. Heute geht es in Riegersburg ums Tagesgeschäft, in das die Mitarbeiter die Maschine gut aufgenommen haben; Radaschitz spricht gar von Begeisterung: „Nicht jede Maschine hat so viel Euphorie ausgelöst, auch deshalb, weil sie im Handwerk noch nicht so verbreitet ist.“ Außerdem hätten die Mitarbeiter die PAQTEQ dank einfacher Bedienung „schnell im Griff gehabt“. Das positive Feedback reicht bis hin zu den Mitarbeitern in London, von denen vor allem die ökologische Verpackung als deutliche Verbesserung wahrgenommen wird. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis auch der erste Kunde dies honoriere, so der Inhaber.
„Für uns war die PAQTEQ eine Investition, die sich als absolut richtig herausgestellt hat“, zieht Radaschitz Bilanz. „Heute verpacken wir zu 100 Prozent nachhaltig. Die Ware ist zuverlässig geschützt. Und wenn sie auf die Baustelle kommt, sieht sie super aus.“ Auf die Wirtschaftlichkeit blickend, weiß er derzeit noch nicht, ob auch Verpackungsmaterial eingespart werden kann. Oder Zeit. Im Augenblick fehlen einfach noch Zahlen. Zugleich müssen die internen Prozesse rund um den neuen Arbeitsplatz noch feinjustiert werden. „Aber das, was wir erreicht haben, ist schon jetzt entscheidend“, sagt Radaschitz. Und so schließt er mit einem Augenzwinkern: „Die geben wir nicht mehr her.“ Wie auch, London is calling.