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Sanieren im Bestand für CO₂-neutrales Wohnen

Die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden mit geringer Energieeffizienz ist einer der aktuellen Markttrends im Holzbau. Emanuel Heisenberg ist CEO und Gründer der Firma ecoworks. Das deutsche Start-Up hat es sich zur Aufgabe gemacht, energetische Sanierungen für die Wohnungs- und Bauwirtschaft zu digitalisieren und zu industrialisieren, mit dem Ziel, die Klimaneutralität im Gebäudebestand schnell und attraktiv zu erreichen.

  • Die serielle Sanierung mit Holrahmenelementen bietet große Vorteile wie beispielsweise die deutlich verbesserte Energieeffizienz sowie die ansprechende Optik. Copyright: Jannis Wiebusch
    Die serielle Sanierung mit Holrahmenelementen bietet große Vorteile wie beispielsweise die deutlich verbesserte Energieeffizienz sowie die ansprechende Optik. Copyright: Jannis Wiebusch
  • Die vorgefertigten Elemente werden mithilfe eines Krans an die entsprechende Stelle gehoben. Copyright: Jannis Wiebusch
    Die vorgefertigten Elemente werden mithilfe eines Krans an die entsprechende Stelle gehoben. Copyright: Jannis Wiebusch
  • Danke der hohen Genauigkeit der vorgefertigten Elemente funktioniert die Monateg schnell und einfach. Copyright: Jannis Wiebusch
    Danke der hohen Genauigkeit der vorgefertigten Elemente funktioniert die Monateg schnell und einfach. Copyright: Jannis Wiebusch

Herr Heisenberg, welche Rolle spielt der Gebäudebestand für die Erreichung von Klimaschutzzielen?

Der Gebäudesektor ist für 38 % der GHG-Emissionen weltweit verantwortlich. In Deutschland allein müssen in den nächsten Jahren 3,4 Millionen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern saniert werden. In ganz Europa wird die Anzahl an Worst-Performing-Buildings – also Gebäuden mit der Energieeffizienzklasse H – auf das 10-fache geschätzt. Eines ist also ganz klar: Die Sanierung des Gebäudebestandes können wir nicht länger ignorieren! Sie wird eine essenzielle Rolle bei der Erreichung der Klimaziele spielen. Allein in Europa sprechen wir da von etwa 20.000 Wohnungen pro Tag. Nur so können wir die aktuellen Klimaziele erreichen und die Überschreitung einer maximalen Erderwärmung von 1,5 Grad verhindern. Was es jetzt braucht, sind CO₂-neutrale Gebäude und dafür müssen wir die Sanierungsrate verdreifachen. Unserer Ansicht nach ist die serielle Sanierung der bisher vielversprechendste Weg. So können wir heute schon wirtschaftliche Gebäude planen und umsetzen und damit einen entscheidenden Beitrag zur Klimaneutralität in diesem Sektor leisten.

Wie unterscheidet sich die serielle Sanierung von der konventionellen Sanierung und was ergeben sich daraus für Vorteile?

Traditionell werden energetische Sanierungsarbeiten an einem Bestandsgebäude zu 95 % direkt auf der Baustelle durchgeführt. Das bedeutet häufig, dass die Mieter*innen für einen längeren Zeitraum ausziehen müssen. Die Arbeiten vor Ort durchzuführen, bedeutet häufig auch, dass der Prozess in vielen Bereichen unproduktiv ist. Das wiederum treibt die Kosten für die Sanierung in die Höhe. Bei der seriellen Sanierung ist das anders. Wir verlagern bis zu 80 % der Prozesse in die Fabrik. Hier werden die gedämmten Fassadenelemente im industriellen Maßstab passgenau vorgefertigt. Sie kommen also komplett fertig auf der Baustelle an und können direkt und minimalinvasiv befestigt werden. Das spart Zeit und somit auch Kosten.  Neben der Herstellung können wir außerdem auch die Energieversorgung digital vorplanen. Die Sanierung senkt den Energieverbrauch des Gebäudes deutlich und der verbleibende Bedarf kann über erneuerbare Energien wie Wärmepumpen und Photovoltaikanlagen abgedeckt werden. Zusätzlich können Gebäudeeigentümer je nach Projekt auf 35-45 % Tilgungszuschuss für serielle Sanierungen zurückgreifen. Das heißt: Je größer das Projekt, desto günstiger können die Fassaden seriell gefertigt werden. Die serielle Sanierung stellt damit einen neuartigen und minimalinvasiven Ansatz zur systematischen, energetischen Sanierung von Gebäuden dar. Mit ihrer Hilfe werden wir die Sanierungsquote in Deutschland auf ein deutlich höheres Niveau heben.

Welche Rolle spielt Ihr Unternehmen bei der Umsetzung dieser Vorhaben und wer sind Ihre Kunden?

Ich habe ecoworks 2018 gegründet. Die Zahl unserer Mitarbeitenden ist innerhalb von 5 Jahren auf über 150 angewachsen. Wir waren in Deutschland definitiv der “Pioneer” der seriellen Sanierungsbranche. Es startete alles mit einem White Paper, das ich über das Thema Wärmewende für die Bundestagsfraktionen geschrieben habe. Damals hatte ich die serielle Sanierung von Reihenhäusern in den Niederlanden gesehen und empfohlen, die Technologie nach Deutschland zu holen. Letztlich haben wir das als ecoworks selbst vollzogen und in Hameln die erste serielle Sanierung in Deutschland umgesetzt. Heute haben wir 14 Projekte in der Planungsphase bzw. im Bau. Die Nachfrage nach unserem Konzept wächst. Inzwischen haben auch andere Bauunternehmen die Wichtigkeit der seriellen Sanierung erkannt und sich dementsprechend aufgestellt. Das bestätigt uns, dass der Bedarf da ist - letztlich brauchen wir viel mehr Wettbewerb und Innovation, um den Immobilienbestand, die größte Assets Klasse der Welt, in der 68 Prozent unseres Wohlstandes gebunden ist, zu dekarbonisieren. Im Moment bieten wir unser Renovation Package für 2-5-stöckige Mehrfamilienhäuser an. Damit sprechen wir vor allem Wohnungsbauunternehmen, Wohnungsgenossenschaften, aber auch Projektentwickler an. Leider lohnt sich die serielle Sanierung für 1-2 Familienhäuser aktuell noch nicht. Aber wie bei vielen vergleichbaren Technologien wird es auch hier mit der Zeit Skalierungseffekte geben, die Kosten senken und damit mehr Anwendungsmöglichkeiten eröffnen werden. Unser nächster Schritt wird eher die Arbeit an Lösungen für weitere Gebäudeklassen werden. Auch Anfragen von Schulen und Bürogebäuden erreichen uns immer häufiger, sodass wir unser Produkt immer weiter entwickeln möchten.

Welche weitere Entwicklung der Sanierung im Bestand erwarten Sie in den kommenden Jahren? (Deutschland aber auch Europa/ weltweit)

Die Sanierungsindustrie wird sich langfristig Branchen wie beispielsweise der Autoindustrie anpassen. Es wird ganz selbstverständlich werden, dass ein Bestandhalter die Komponenten für eine Sanierung in einem Katalog aussuchen und bestellen kann. Einen solchen Konfigurator setzen wir bereits ein. Mit unserer neuen Software- und Hardware-Plattform werden wir die Skalierung der seriellen Sanierung weiter vorantreiben. Unsere Vision ist, dass eines Tages eine Sanierung per Klick konfiguriert, weitestgehend automatisch geplant und später auf dem Bau per App nachverfolgt werden kann. Neben solchen technischen Entwicklungen wird aber vor allem das Volumen und die Standardisierung von wenigen Subsystemen große Veränderungen mit sich bringen. Solche Entwicklungen bringen uns näher an eine Welt, in der das klimaneutrale Wohnen für alle erschwinglich ist. 

Welche Chancen ergeben sich hierdurch für Holzbauunternehmen?

ecoworks arbeitet aktuell mit drei Holzbaubetrieben zusammen. Bei der Wahl unserer Partner sind uns drei Aspekte besonders wichtig: Die Qualität muss stimmen, die Skalierbarkeit durch wachsende Kapazitäten muss gegeben sein, und wir möchten gemeinsam die Holzrahmenbauelemente weiterentwickeln können. Der Holzbau muss hier in Zukunft innovativer werden und eigene Engineering-Kapazitäten leisten. Auch die Maschinenbauer werden gefordert sein, die Robotik aus anderen Branchen für die Anwendungen der seriellen Fertigung von Gebäudehüllen anzupassen. Die Entwicklung geht weg von handwerklich hergestellten Unikaten hin zu einer echten Massenfertigung mit Produktionsabläufen, die in anderen Branchen lange etabliert sind. Der Baustoff Holz ist wichtig, CO₂ in neu sanierten Gebäuden über 50 oder 100 Jahre zu speichern. Der Werkstoff Holz ist zudem sehr günstig und hat ideale Eigenschaften für den Geschäftsfall. Allerdings muss der Holzbau sich weiter öffnen, um für die Sanierungswelle in Europa, die “Renovation Wave” der entscheidende Faktor zu bleiben.

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